Nach SEK-Einsatz in Meerane: Kritik von Nachbarn und unruhige Stunden im Kindergarten

Die Polizei hat Schreckschusswaffen, Munition und Betäubungsmittel in der Wohnung gefunden. Warum hat es rund fünf Stunden gedauert hat, bis der Zugriff durch die Spezialkräfte erfolgt ist?

Meerane.Schreckschusswaffen, Munition und eine geringe Menge an Betäubungsmitteln hat die Polizei nach dem SEK-Einsatz am Dienstag in der Wohnung eines 46-jährigen Mannes an der Rudolf-Breitscheid-Straße in Meerane gefunden. Die Gegenstände wurden beschlagnahmt. Polizei und Behörden leiteten eine waffenrechtliche Prüfung ein. Das erste Ergebnis: Die fünf Schreckschusswaffen durfte er in der Wohnung aufbewahren, die Munition aber nicht. Deshalb wird nun ein Verfahren wegen Verstoß gegen das Waffengesetz eingeleitet. „Der Mann wurde – äußerlich unverletzt – zur ärztlichen Begutachtung in ein Krankenhaus gebracht“, sagt Polizeisprecherin Katja Andreä.

SEK-Beamte werden aus Leipzig angefordert

Damit war am Dienstag nach rund fünf Stunden ein Polizeieinsatz zu Ende gegangen, der auch am Mittwoch das Stadtgespräch in Meerane ist. Und auch für kritische Stimmen sorgt. Der Hinweis, dass sich eine Person, die vermutlich unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln steht und sich mit einem waffenähnlichen Gegenstand in der Wohnung aufhält, ging gegen 10.50 Uhr ein. Erst knapp fünf Stunden später – also gegen 15.30 Uhr – starteten Spezialkräfte des Sondereinsatzkommandos (SEK) mit dem Zugriff im Gebäude. In den Kommentarspalten von verschiedenen Facebook-Gruppen tauchte immer wieder die Frage auf, warum der Zugriff nicht früher erfolgt sei.

Dazu teilt Polizeisprecherin Christina Friedrich mit, dass die Zahl der Kräfte schrittweise erhöht wurde und die SEK-Beamten erst von Leipzig nach Meerane fahren mussten. Dort steuerten sie eine Einsatzsammelstelle im Bereich von Wichernweg und Hasensteig an. Hier ging es zunächst um verschiedene Abstimmungen – einerseits zur Vita des 46-Jährigen und anderseits zur Raumaufteilung seiner Wohnung. Derweil hatten andere bewaffnete Kräfte der Bereitschaftspolizei bereits Stellung rund um das Gebäude bezogen. Die Bilder erinnerten an einen ähnlichen Einsatz im Oktober 2023 in Glauchau.

Ein Treiben, was mit Frank Helbig auch ein Inhaber vom ASM Autoservice Meerane verfolgte. Das Autohaus befindet sich an der Rudolf-Breitscheid-Straße und damit direkt in der von der Polizei während des Einsatzes eingerichteten Sperrzone. Frank Helbig übt Kritik an der Informationspolitik durch die Polizei, die dem Autohaus nichts Offizielles zum Geschehen mitgeteilt habe. „Die bewaffneten Spezialkräfte sind wortlos über unser Grundstück und an uns vorbeigelaufen“, sagt Frank Helbig zum Szenario. Termine mit Kunden, die in die Zeit des Einsatzes gefallen wären, hätte das Autohaus telefonisch verschoben.

Polizei: Es bestand keine Fremdgefährdung

Unruhige Stunden gab es aufgrund des großen Polizeiaufgebotes auch in der evangelischen Kindertagesstätte „St. Martin“ an der Kantstraße. Sie liegt rund 300 Meter Luftlinie entfernt von der Einsatzstelle und direkt an der von der Polizei eingerichteten Einsatzsammelstelle. „Wir haben uns dann selbst erkundigt, was los ist“, sagt Kita-Leiterin Heike Marosi. Sie und ihre Kollegen betreuen rund 100 Mädchen und Jungen. Letztlich wurden zwei Entscheidungen getroffen: Nach einem Anruf bei der Polizei informierte Heike Marosi über eine Kita-App die Eltern, dass Kinder aufgrund der Lage nicht von ihren Geschwistern abgeholt werden sollen. Zudem wurde der Aufenthalt für die Kinder im Außengelände aufgrund der Blicke auf die schwer bewaffneten Polizisten vorzeitig beendet.

„Ein Teil der Eltern hat die Kinder etwas zügiger als sonst abgeholt“, sagt die Kita-Leiterin. Sie macht deutlich, dass umfangreichere Informationen durch die Behörden hilfreich gewesen wären. Marosi: „Das ist aber eine Ermessensfrage. Wir wissen, dass es sich für alle um eine Ausnahmesituation gehandelt hat.“ Christina Friedrich verteidigt die Informationspolitik der Polizei. Die Einsatzleitung habe auf eine aktive Kontaktaufnahme zu Einrichtungen – wie Autohaus oder Kindergarten – verzichtet, da es keine Fremdgefährdung gegeben habe. Viele Anwohner hätten sich in Gesprächen mit der Polizei über die Lage informiert. Parallel zum Einsatz am Wettiner Platz war die Polizei auch noch aufgrund eines räuberischen Diebstahls im Lidl-Markt gefordert.

Viele, die rund um den Wettiner Platz wohnen, konnten am Dienstag während des Einsatzes nicht in ihre Wohnungen. Das löste unterschiedliche Reaktionen aus. Manche begannen Diskussionen mit den Einsatzkräften. Andere nahmen es mit Galgenhumor. Eine Frau sagte mit Blick auf das Aufgebot: „Da muss ich heute Abend keinen Krimi mehr anschauen.“ Dieter Nagel, der an der Rudolf-Breitscheid-Straße wohnt, hat die Zeit für einige Touren genutzt: „Ich war bei Musik-Schiller in Zwickau und später noch im Reisebüro.“